Unter Mutation versteht man die dauerhafte Veränderung des Erbguts eines Organismus, die vererbbar ist. Das bedeutet, dass sich der Genotyp verändert. Mutationen können spontan auftreten oder durch Mutagene künstlich hervorgerufen werden.
Mutationen können somatische Zellen, generative Zellen oder Zellen der Keimbahn betreffen. Die Änderungen müssen schnell repariert werden, sonst sind sie permanent.
Somatische Zellen sind alle Zellen im Körper, die keine Gameten, Keimzellen oder Stammzellen sind. Aus somatische Zellen können keine Geschlechtszellen entstehen. Generative Zellen sind geschlechtliche Zellen, die bei der geschlechtlichen/generativen Fortpflanzung befruchtet werden.
Evolutionsfaktor Mutation – Arten der Mutation
Es gibt drei Mutationsarten:
Genmutation
Eine Genmutation verändert das Erbgut in einem Gen. Dabei werden einzelne oder mehrere Nukleotide ausgetauscht, eingefügt oder gelöscht. So ändert sich die Basensequenz der einzelnen Gene. Hier kann man zwischen Punktmutation und Rasterschubmutation (Deletion, Insertion) unterscheiden.
Bei einer Punktmutation (eine Art der Genmutation) wird ein Nukleotid entweder ersetzt, gelöscht oder eingefügt.
Rasterschubmutationen werden durch das Entfernen oder das Einfügen eines Codons verursacht.
Eine Genmutation kann einen Gendefekt hervorrufen, was sehr schädliche Konsequenzen für das Lebewesen haben kann. Nicht alle Veränderungen des Erbguts sind aber schädlich. Einige Teile der DNA enthalten gar keine Informationen. Sollte dort eine Mutation auftreten, wird diese nicht auffallen. Auch positive Veränderungen durch Mutationen sind möglich. Die meisten Fehler, die durch Genmutationen entstanden sind, werden schnell repariert. Einige können hingegen nicht mehr repariert werden und bleiben als dauerhafte Mutationen.
Mehr dazu kannst du im StudySmarter-Artikel "Genmutation" erfahren.
Chromosomenmutation
Eine Chromosomenmutation verändert die Struktur von Chromosomen. Die Veränderung kann man unter dem Mikroskop erkennen, nachdem die Chromosomen angefärbt wurden.
Es gibt verschiedene Arten der Chromosomenmutation:
Chromosomenmutation | Definition |
Deletion | Ein Chromosomenabschnitt wird gelöscht. Der gelöschte Abschnitt kann entweder verloren gehen oder in andere Chromosomen eingebaut werden. |
Duplikation | Es wird eine Kopie von einem Chromosomenabschnitt gemacht. Es gehen dadurch keine Gene verloren. So eine Veränderung kann oft unauffällig bleiben. |
Inversion | Es wird ein Chromosomenabschnitt umgedreht. Es gehen keine Gene verloren, allerdings wurde die Reihenfolge geändert, was drastische Folgen haben kann. |
Reziproke Translokation | Verschiedene Chromosomenabschnitte werden mit nicht-homologen Chromosomenabschnitte vertauscht. Die Gesamtzahl verändert sich nicht. |
Fusion | Verschmelzung von zwei Chromosomen. |
Fission | Zerfall eines Chromosoms. |
Genommutation
Durch eine Genommutation wird die Anzahl der Chromosomen in einem Chromosomensatz verändert. Die Veränderung tritt während der Meiose auf, wobei es zu einem Fehler während der Trennung der homologen Chromosomen oder der Schwesterchromatiden kommt. Diese Veränderung hat meist die Folge, dass sich entwickelnde Embryos nicht lebensfähig sind. Es gibt nur wenige Ausnahmen, bei denen die Genommutation nicht tödlich ist.
Eine bekannte Genommutation ist etwa die Trisomie 21. Auch dazu gibt es einen StudySmarter-Artikel, schau doch mal vorbei!
Es gibt zwei Arten der Genommutation:
- Polyploidie: Der gesamte Chromosomensatz wird vervielfacht. Diese führt überwiegend zum Tod der Betroffenen.
- Aneuploidie: Einzelne Chromosomen werden verdoppelt oder gelöscht. Die meisten Embryos sterben, da sie nicht lebensfähig sind. Beispiele für Aneuploidie sind Trisomie 21 bzw. 18 und Monosomie. Menschen mit diesen Krankheiten sind eingeschränkter, können aber das Erwachsenenalter erreichen.
Evolutionsfaktor Mutation – Ursachen einer Mutation
Die Ursachen für Mutationen sind vielfältig. Eine Veränderung des Erbguts kann durch Radioaktivität, bestimmte Chemikalien oder schädigende Umwelteinflüsse hervorgerufen werden. Diese Ursachen nennt man auch Mutagene. Mutagene können biologisch, chemisch oder physikalisch sein.
- Biologischen Mutagene, wie z. B. Viren, lösen Mutationen aus, wenn die Viren-DNA in die DNA des Lebewesens eingebracht wird.
- Chemische Mutagene führen zur Veränderung der Basenstruktur der DNA. Diese Veränderung führt größtenteils zur Produktion des falschen Proteins.
- Physikalische Mutagene, wie z. B. Radioaktivität, führen zur Bildung von Radikalen. Diese lösen unter anderem Brüche im DNA-Strang oder Veränderung der Basen aus.
Freie Radikale sind entweder ein Molekül, ein Atom oder ein Ion. Diese besitzen ein ungepaartes Elektron und sind deswegen instabil und besonders reaktiv.
Eine Erbgutveränderung kann aber auch zufällig durch die Replikation oder Rekombination des Erbguts entstehen.
Unter Rekombination versteht man die Neuverteilung des Erbguts. Mehr dazu kannst du im StudySmarter-Artikel "Rekombination als Evolutionsfaktor" erfahren.
Evolutionsfaktor Mutation
Mutationen kann man als einer der wichtigsten Evolutionsfaktoren sehen. Durch Erbgutveränderungen gelangen neue Allele in den Genpool der Population.
In einer Population treten Mutationen zufällig und unkontrolliert auf. Das bedeutet, dass man nicht vorhersagen kann, wo und wie ein Gen mutieren wird. Sie entstehen z. B. durch Fehler bei der Replikation oder durch das Einwirken eines Mutagens. Erbgutveränderungen, die zu kleinen Veränderungen führen, sind vorteilhafter als Mutationen, die zu großen Veränderungen führen. Denn es besteht die Gefahr, dass sich Lebewesen nicht richtig entwickeln und so nicht lebensfähig sind.
In einer Population sind nie alle Individuen genetisch gleich. Es entstehen ständig Mutationen.
Positive, Neutrale und Negative Mutationen
Mutationen als Evolutionsfaktor werden unterschieden in positive, neutrale und negative Mutationen:
Positive Mutation
Wenn eine Erbgutveränderung Selektionsvorteile bringt, hat das Individuum einen Vorteil gegenüber Anderen, die diese Erbgutveränderung nicht besitzen. Positive Mutationen werden normalerweise an die nächste Generation vererbt. Eine erhöhte Fitness durch positive Erbgutveränderungen führt dazu, dass das mutierte Gen häufiger in der nächsten Generation auftaucht. So breitet sich die Mutation aus und treibt den Evolutionsprozess voran.
Positive Mutationen treten selten auf.
Ein Beispiel für die positive Mutation ist die Malariaresistenz.
Bei der Malariaresistenz geht es um die Veränderung des Hämoglobins beim Menschen. Die Hämoglobin-Mutation nennt man HbS. Durch die HbS wird die Form der roten Blutkörperchen in eine gekrümmte, sichelartige Form verändert.
Menschen mit einer Kopie von HbS entwickeln eine Resistenz gegen Malaria. Menschen mit zwei Kopien des HbS-Gens haben Sichelzellanämie. Die Krankheit wird durch eine Mutation im Gen für die β-Kette des Hämoglobins verursacht. Die Mutation führt zur Bildung des Hämoglobins S (HbS).
Italienische Forscher, die 2001 die Bevölkerung von Burkina Faso untersuchten, berichteten von einer schützenden Wirkung, die mit einer neuen Variante des Hämoglobins HbC verbunden ist. Menschen mit nur einer Kopie des Gens HbC erkranken seltener an Malaria. Bei Menschen mit zwei Kopien des Gens HbC wird das Risiko sogar um 93 % gesenkt.
Im schlimmsten Fall verursacht die Genvariante HbC eine leichte Anämie bei Menschen mit zwei Kopien. Die Anämie ist aber nicht so schlimm wie Sichelzellanämie.
Andere Beispiele für eine positive Mutation sind:
- Erhöhte Knochendichte
- Verbesserte Wasseraufnahme der Kakteen in der Wüste
- Laktose-Toleranz
Negative Mutation
Wenn eine Erbgutveränderung Nachteile bringt, kann es im schlimmsten Fall zum Tod des Organismus führen, wenn z. B. lebenswichtige Stoffwechselvorgänge betroffen sind.
Es ist aber auch möglich, mit einer schädlichen Erbgutveränderung zu überleben und lediglich einen deutlichen Nachteil während der Selektion zu besitzen. In diesem Fall haben die betroffenen Individuen einen negativen Einfluss auf die Fitness der Population. Ihre Lebenserwartung ist verkürzt und sie bekommen nicht so viele Nachkommen, als Individuen ohne diese Mutation.
Letale Mutationen stellen einen Extremfall der Erbgutveränderungen dar. Da die Mutationen im Embryonalstadium auftreten, werden die Lebewesen gar nicht geboren, weil die Mutationen zu große Schäden verursachen.
Stille Mutationen
Wenn eine Veränderung des Erbguts weder Vor- noch Nachteile bringt, spricht man von einer stillen Mutation. Stille Erbgutveränderungen finden an den Stellen in der DNA statt, an der keine wichtigen Informationen enthalten sind. Eine stille Mutation kann auch die Aminosäuresequenz im genetischen Code nicht verändern.
Neutrale Mutation
Eine neutrale Erbgutveränderung unterscheidet sich von der stillen Mutation darin, dass es zur phänotypischen Ausprägung kommt. Die phänotypischen Ausprägungen sind aber nicht immer von großer Bedeutung für die Selektion. (Ausnahmen stellen z. B. die Tarnfähigkeiten dar.)
Der Phänotyp beschreibt das Erscheinungsbild eines Lebewesens.
Ein Beispiel für eine neutrale Mutation sind blaue Augen. Diese genetische Mutation wirkt auf das OCA2-Gen in den Chromosomen. Durch die Mutation wird weniger Melanin produziert. Dadurch war die Erzeugung von blauen Augen möglich. Die genetische Mutation ist erst vor 6000 bis 10.000 Jahren aufgetaucht.
Je weniger Melanin die Person hat, desto hellblauer sind die Augen.
Evolutionsfaktoren Mutation und Rekombination
Die Mutation von größter Bedeutung in der Evolution ist die Genmutation. Diese führt phänotypisch und genotypisch zu den meisten Veränderungen eines Merkmals. Erbgutveränderungen wie Chromosomenmutationen verursachen große Umwandlungen, sodass die Lebewesen nicht lebens- oder fortpflanzungsfähig sind.
Für die Evolution ist die Genmutation von größter Bedeutung, da durch Chromosomenmutationen nicht viele Lebewesen fortpflanzungsfähig sind. In diesem Fall kann die Chromosomenmutation nicht zur Evolution beitragen, da diese Veränderungen des Erbguts nicht weitergegeben werden können. Wenn die Lebewesen keine Nachkommen produzieren können, sterben sie zwangsläufig aus.
Da ein großer Genpool von vielen Veränderungen betroffen sein kann, findet man in einer großen Population auch viele verschiedene Varianten für ein Gen. Ein Beispiel dafür sind die Fellfarben schwarz, grau und braun.
Durch die sexuelle Fortpflanzung mit neuen Individuen können neue Allelkombinationen entstehen.
Bei dem Prozess der Rekombination werden Teile der DNA oder auch RNA neu angeordnet und kombiniert. Das bedeutet, dass Allele ausgetauscht werden. Dadurch entstehen neue (veränderte) genetische Information.
In der Rekombination finden drei Vorgänge statt:
- Austausch von bestimmten Genabschnitten beim Crossing-Over.
- Durch Zufall entstehende Verteilung der Chromosomen bei der Keimbildung.
- Vereinigung von mütterlichen und väterlichen Keimzellen.
Wenn die Evolutionsfaktoren Mutation und Rekombination in einer homogenen Population wirken, führen diese zur Vergrößerung der genetischen Vielfalt in einer ungerichteten Weise.
Unterschiede zwischen Mutation und Rekombination
Mutation | Rekombination | |
Definitionen |
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Arten |
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Ursachen | physikalische, biologische oder chemische Mutagene | Enzym-kontrollierter Mechanismus |
Ort | zufällig | ortsspezifisch: nur durch zwei spezifische DNA-Abschnitte, mit spezifischen Erkennungssequenzen |
Reparatur | Spontane Mutationen werden schnell von den indirekten Reparatursystemen in der Zelle repariert. | Rekombination kann ein Reparaturprozess sein. |
Vorkommen | zufällig | während der Zellteilung |
In dem Prozess der Evolution sorgen Erbgutveränderungen für Artenvariabilität und mehr Vielfalt. Deswegen kann die Mutation auch als der wichtigste Evolutionsfaktor angesehen werden.
Evolutionsfaktor Mutation Beispiel
Erbgutveränderungen haben nicht immer eine schlechte Auswirkung auf einen Organismus. Manchmal stellen sie auch einen Vorteil der Selektion dar.
Laktose-Toleranz bei Menschen
Menschen, die Milchzucker (Laktose) mithilfe des Enzyms Laktase abbauen können, besitzen eine Erbgutveränderung. Üblicherweise brauchen nur Säuglinge genügend Laktase, um die Muttermilch verdauen zu können.
Bei Menschen, die nicht mehr im Säuglingsalter sind, stellt diese Mutation einen großen Vorteil der Selektion dar. Denn damit ist die Aufnahme und Verwendung tierischer Milch möglich.
Industriemelanismus
Der Birkenspanner war vor vielen Jahren weiß. Sie lebten auf weißen Birkenstämme und waren an deren Oberflächen kaum zu erkennen. Durch ihre Färbung waren sie vor Fressfeinden geschützt. Während der Industrialisierung färbte der dunkle Rauch die weißen Birken schwarz. Die weißen Birkenspanner waren so nicht mehr vor Fressfeinden geschützt. Durch den Kontrast der Farben wurden sie leicht erkannt und gefressen.
Durch eine zufällige Mutation entstanden schwarze Birkenspanner. Die schwarzen Birkenspanner waren besser an die Umweltbedingungen angepasst und hatten somit einen Vorteil der Selektion. Durch den Vorteil konnten sie ihre Überlebenschancen erhöhen.
Rot-Grün-Sehschwäche
Menschen, die von einer Rot-Grün-Sehschwäche betroffen sind, haben Schwierigkeiten, die Farben rot und grün auseinanderzuhalten. Der Grund dahinter ist, dass das Gen, das für das Sehen von Farben zuständig ist, verändert wurde. Das Protein Opsin wurde nicht komplett ausgebildet. Deswegen haben Menschen mit einer Rot-Grün-Sehschwäche eine veränderte Wahrnehmung der Farben.
Meist stellt diese Mutation keinen Nachteil der Selektion dar, da die Wahrnehmung von den Farben nicht so unterschiedlich ist. Die Erbgutveränderung stellt eher ein Nachteil für Lokomotivführer*innen, Busfahrer*innen oder Polizist*innen dar. Bei diesen bestimmten Berufen werden spezielle Untersuchungen durchgeführt.
Evolutionsfaktor Mutation – Das Wichtigste auf einen Blick
- Eine Mutation beschreibt die plötzliche und permanente Veränderung des Erbguts. Diese bringt eine hohe genetische Artenvielfalt in eine Population.
- Mutationen sind zufällig und ungerichtet. Sie können in jeder Zelle erscheinen. Wenn Fehler in der DNA nicht innerhalb weniger Minuten repariert werden, bleiben diese als dauerhafte Mutationen.
- Positive Erbgutveränderungen geben Individuen Selektionsvorteile.
- Stumme oder neutrale Mutationen geben den Individuen keine Vor- oder Nachteile.
- Negative Mutationen können große Schäden verursachen. Sie entstehen meistens im Embryonalstadium und führen mehrheitlich zum Tod.
- Die Wechselwirkung zwischen Mutation und Rekombination ist in der Evolution von großer Bedeutung. Diese beiden Evolutionsfaktoren führen zur Vergrößerung der genetischen Vielfalt der Population.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Evolutionsfaktor Mutation
Wie kann man Mutation einfach erklären?
Eine Mutation ist eine permanente Veränderung des Erbgutes. Das bedeutet, dass Gene verändert werden. Dabei können Nukleotiden gelöscht oder ausgetauscht werden.
Was ist ein Beispiel für die Mutation?
Ein Beispiel für Mutation bei Menschen ist die Laktose-Toleranz. Menschen mit Laktose-Toleranz besitzen genügend Laktase um Milchzucker abzubauen. Eigentlich braucht man nur im Säuglingsalter genügend Lactase, um die Muttermilch zu verdauen. Bei Menschen außerhalb des Säuglingsalter stellt die Mutation ein Selektionsvorteil dar.
Wie funktioniert eine Mutation?
Mutation können durch Umwelteinflüsse hervorgerufen werden. Sie können aber auch spontan auftreten. Organismen brauchen die Mutationen, um sich an die ändernden Umweltbedingungen anzupassen. Es entstehen neue Pflanzen- oder Tierarten, wenn sich das Erbgut verändert. Alte Arten werden dadurch angepasst, sodass sie nicht sofort aussterben. Große Mutation finden sehr langsam statt. Deswegen braucht die Evolution auch mehrere Generationen, bevor die Veränderung des Erbgutes bemerkbar wird.
Sind Mutationen zufällig?
Mutationen sind zufällig und ungerichtet. Man kann nicht vorhersagen wo und wie Mutation treffen werden.
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