Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie es zur Artbildung kommen kann. In der Regel führen Isolationsmechanismen dazu, dass sich Teilpopulationen unabhängig voneinander entwickeln und sich in zwei Arten aufspalten.
Artbildung Definition
Der Prozess der Artentstehung ist ein fundamentales Thema der Evolution. Die Aufspaltung von Arten im mehrere Arten ist für die riesige Biodiversität auf unserem Planeten verantwortlich.
Artbildung, auch Speziation, beschreibt die Aufspaltung einer Art in zwei oder mehrere Arten. Isolationsmechanismen sorgen für genetische Barrieren zwischen Populationen einer Art. Bei einer divergenten Entwicklung der isolierten Populationen, kann es zur Artaufspaltung und somit zur Artentstehung kommen.
Grundlegende Begriffe zur Artentstehung
Bevor Du Dir einen detaillierten Einblick in die verschiedenen Formen der Artentstehung und ihre Mechanismen verschaffst, lernst Du hier die wichtigsten Begriffe zu diesem Thema kennen.
Art
Der biologische Artbegriff bezeichnet eine Gruppe von Organismen, welche in Gestalt, Verhalten und Physiologie insofern übereinstimmen, als sie sich von anderen Organismengruppen unterscheiden lassen. Individuen einer Art sind in der Lage, potenziell fruchtbare Nachkommen zu zeugen. Zwischen Populationen einer Art besteht ein Genaustausch (Genfluss). Das ist möglich, da ihre Genpools sehr ähnlich sind.
Population
Eine Population ist eine Gruppe von Individuen derselben Art oder Rasse, die in einem bestimmten geografischen Gebiet leben, sich über Generationen hinweg kreuzen und genetisch verbunden sind.
Teilpopulation
Teilpopulationen sind Gruppen von Individuen einer Population, die sich aufgrund ihrer Lebensweise in engerem reproduktivem Austausch befinden. Eine Population kann sich aus mehreren Subpopulationen zusammensetzen.
Rassen
Rassen sind Populationen derselben Art. Sie unterscheiden sich in wenigen oder mehreren Merkmalen, die vererbbar sind. Rassen derselben Art können fruchtbare Nachkommen zeugen. Sie entstehen durch Isolation einzelner Populationen. Der Genaustausch zwischen den Populationen ist dadurch eingeschränkt und die Genpools der Populationen entwickeln sich unabhängig voneinander.
Genpool
Der Genpool ist das gesamte genetische Material eines sich sexuell fortpflanzenden Organismus. Es wird unter anderem von den Faktoren Mutation, Rekombination, Gendrift, horizontaler Gentransfer durch Genfluss, reproduktive Isolation und Selektion beeinflusst.
Genfluss
Genfluss bezieht sich auf den genetischen Austausch zwischen zwei Populationen. Individuen bringen ihre Gene durch Migration in eine andere Population ein und tragen so zur Vermischung und Genvielfalt bei.
Isolation
Populationen werden voneinander isoliert, wenn der Austausch von genetischem Material nicht möglich ist oder nicht vorkommt.
Konzept der Artbildung
Verschiedene Mechanismen können dazu führen, dass sich eine Art in zwei oder mehrere Arten aufspalten. Das grundlegende Konzept der Artbildung ist dabei immer das Gleiche.
Isolationsmechanismen führen dazu, dass Teilpopulationen einer Art genetisch voneinander isoliert sind. Das bedeutet, dass ein Genfluss zwischen den Teilpopulationen nicht mehr möglich ist.
Nun führen Evolutionsfaktoren dazu, dass sich die Genpools der Teilpopulationen unabhängig voneinander divergent entwickeln. Hierbei spielen zufällige Mutationen eine Rolle, aber auch sich verändernde Umweltbedingungen und der daraus resultierende Selektionsdruck beeinflussen die Veränderung der Genpools maßgeblich. Mutation und Selektion gehören zu den wichtigsten Evolutionsfaktoren der Artbildung.
Mutationen sind dauerhafte Veränderungen des Erbgutes eines Organismus, die vererbbar sind. Sie treten spontan auf oder sie können durch Mutagene hervorgerufen werden.
Der Selektionsdruck beschreibt die Wirkung eines spezifischen Selektionsfaktors auf einer Population einer Art. Selektionsfaktoren sind Umweltfaktoren, die das Überleben einer Population in einer bestimmten Umgebung beeinflussen und bestimmte Merkmalsausprägungen der Art begünstigen.
Kombiniert sorgen Mutationen und Selektionsdruck dafür, dass sich die Populationen divergent entwickeln.
Sind die Teilpopulationen lange genug genetisch voneinander isoliert, kann das dazu führen, dass sich die Genpools sehr unterscheiden und somit eine erfolgreiche Reproduktion zwischen den Individuen der Teilpopulationen nicht mehr möglich ist. Die Teilpopulationen sind nun reproduktiv isoliert und die ursprünglichen Population hat sich ein zwei Arten aufgespalten.
Artbildungsmodelle und Artbildungsprozesse
Die beschriebene Isolation zwischen Teilpopulationen kann unterschiedlichen Prozessen zum Grunde liegen. Je nachdem auf welche Art und Weise Teilpopulationen voneinander isoliert werden und sich daraufhin in verschiedene Arten aufspalten, wird zwischen verschiedenen Artbildungsprozessen unterschieden.
Grundsätzlich wird zwischen allopatrischer Artbildung, sympatrischer Artbildung und parapatrischer Artbildung unterschieden. Des Weiteren gibt es den Prozess der adaptiven Radiation, welcher eine Aufspaltung einer Art in mehrere Arten beschreibt. Im folgenden Abschnitt werden Dir die einzelnen Formen der Artbildung kurz erläutert.
Allopatrische Artbildung
Eine mögliche Ursache für Isolation ist die räumliche Separation von Populationen (geografische Isolation). Entsteht eine neue Art aufgrund der räumlichen Separation, spricht man von allopatrischer Artbildung (Artentstehung durch geografische Isolation). Allopatrische Artbildung führt zur Neubildung von Pflanzen- und Tierarten.
Die geografische Isolation ist die Grundvoraussetzung für die allopatrische Artbildung. Es gibt mehrere Prozesse, die zur geografischen Isolation führen können. Hierzu gehören das Gründerprinzip, geologische Ereignisse und Klimaereignisse.
In der StudySmarter Erklärung zur allopatrischen Artbildung lernst Du die einzelnen Isolationsprozesse kennen und kannst mehr über den Ablauf der allopatrischen Artbildung lernen.
Ablauf der allopatrischen Artbildung – Beispiel
In einem bestimmten Gebiet lebt eine Population von Schnecken (1). Diese werden aufgrund von geologischen Ereignissen in zwei Gruppen getrennt, welche geologisch voneinander isoliert sind. Aus einer Population entstehen zwei Teilpopulationen (2). Beide Populationen leben unabhängig voneinander.
Mutationen, die in einer Population auftreten, werden nicht an die andere Population übertragen, da kein Genfluss zwischen den Populationen möglich ist (3).
Die Populationen sind aufgrund unterschiedlicher Umweltbedingungen verschiedene Selektionsdrücken ausgesetzt. Die Genpools der Populationen entwickeln sich unabhängig voneinander. Mutationen tragen zu einer divergenten Entwicklung bei.
In diesem Fall sind die Mutationen durch unterschiedliche Farben der Gehäuse dargestellt (4). Nach einem längeren Zeitraum liegen zwei Populationen mit unterschiedlichen Genpools und unterschiedlicher Merkmalsausprägung vor. Sollte die Barriere zwischen den Populationen überwunden werden, werden sich die Schnecken nicht mehr untereinander paaren können (5).
Sympatrische Artbildung
Die sympatrische Artbildung steht der allopatrischen Artbildung gegenüber. Sie beschreibt die Entstehung neuer Arten innerhalb eines gemeinsamen Verbreitungsgebiets. Bei der sympatrischen Artbildung wird der Genfluss zwischen Populationen durch verschiedene reproduktive Isolationsmechanismen gestoppt.
Bestimmte Isolationsmechanismen können den Genfluss zwischen Populationen verhindern, selbst wenn diese im gleichen Verbreitungsgebiet vorkommen. Die folgenden reproduktiven Isolationsmechanismen können dazu führen, dass Teilpopulationen innerhalb eines Verbreitungsgebiets genetisch voneinander isoliert werden.
Vertiefende Informationen zu sympatrischen Artbildung und entsprechenden Isolationsmechanismen findest Du in einem gesondertem StudySmarter Artikel.
Ethologische Isolation (Verhaltensisolation)
Ethologische Isolation ist die Isolation von Arten aufgrund von Verhaltensweisen, die sich normalerweise als unterschiedliches Paarungsverhalten manifestieren. Ändert sich etwa das Balzlied, reagieren die Paarungspartner nicht mehr auf den nun fremden Balzruf.
Der Laubsänger (Fitis) und der Weidensänger (Zilpzalp) sehen fast ähnlich aus, sind aber aufgrund unterschiedlicher Klangmuster in ihren Balzgesängen unterschiedliche Arten. Eine Vogelart hat Rufe oder eine andere Balz, die sich von denen anderer Vogelarten unterscheiden.
Diese Art der Isolation ist mit dem Verhalten von Individuen verbunden. Unterschiedliche Verhaltensmuster können zur Isolation führen. Dies kann unter anderem ein anderes Verhalten bei der Suche nach einem Partner sein.
Zeitliche Isolation
Arten, die nah verwandt sind, können zu unterschiedlichen Zeiten sexuell aktiv sein. Es gibt einen anderen zeitlichen Ablauf bei der Eizellreifung, die zu einem bestimmten Zeitpunkt befruchtet werden muss. Die Zeit, in der sich die Individuen paaren, unterscheidet sich von Art zu Art und meist finde auch keine Paarung statt. Das gleiche Prinzip gilt für Pflanzen und ihre Blütezeiten.
Der Zeitraum für die Paarung und den Nestbau der Heringsmöwe ist drei Wochen später als der, der Silbermöwe.
Mechanische Isolation
Wenn Körpermerkmale zwischen Arten unterschiedlich ausgeprägt sind, dann ist die Paarung zwischen den Individuen der verschiedenen Arten nicht möglich. Somit wird eine geschlechtliche Fortpflanzung verhindert.
Die Begattungsorgane von Männchen und Weibchen einer Art bei Insekten, Spinnen und Tausendfüßlern passen zusammen, wie Schlüssel und Schloss, sodass die Kopulation nur bei artgleichen Paaren möglich ist.
Polyploidie
Die Polyploidisierung stellt eine Art der genetischen Isolation dar. Eine Genommutation führt zur Polyploidisierung von Pflanzen. Hier wird der komplette Chromosomensatz vervielfacht. Bei der Meiose fällt die Reduktionsteilung aus. Somit sind die Keimzellen diploid (2n) statt haploid (1n). Durch Selbstbefruchtung entstehen Nachkommen mit tetraploidem Chromosomensatz (4n). Eine Kreuzung mit diploiden Pflanzen der Elternart ist zwar möglich, ergibt aber triploide Nachkommen (3n), die keine Nachkommen produzieren können.
In der Regel ist die Polyploidie bei Säugetieren fatal oder führt zur Unfruchtbarkeit.
Ökologische Isolation
Die ökologische Isolation bezieht sich auf die Besetzung unterschiedlicher ökologischer Nischen in demselben Lebensraum. So kann etwa Nahrungsknappheit in einem Lebensraum dazu führen, dass eine Teilpopulation sich auf eine andere Nahrungsquelle spezialisiert und sich dadurch von der Ursprungspopulation isoliert.
Die Besetzung unterschiedlicher biologischer Nischen kann zur unabhängigen und divergenten Entwicklung der Genpools von Teilpopulation führen. Durch die Veränderung der Genpools kann es so zur sympatrischen Artbildung kommen.
Die ökologische Nische (auch biologische Nische) beinhaltet alle biotischen und abiotischen Umweltfaktoren, welche für die Lebensweise der entsprechenden Art oder Population relevant sind.
Adaptive Radiation
Die adaptive Radiation kommt durch mehrere Isolationsmechanismen der allopatrischen und sympatrischen Artbildungen zustande. Faktoren wie das Fehlen natürlicher Raubtiere und die geografische Isolation begünstigen den Prozess der adaptiven Radiation.
Die adaptive Radiation beschreibt die Entstehung vieler neuer Arten aus einer einzigen Stammart heraus. Jede Art ist auf eine bestimmte ökologische Nische spezialisiert und kann somit eine Konkurrenz mit anderen Arten vermeiden.
Entstehung der Darwinfinken (Adaptive Radiation)
Durch Stürme oder andere Gegebenheiten sind Finken auf die Galápagos-Inseln gelangt. Fehlende Konkurrenz und ein großes Nahrungsangebot begünstigten die Vermehrung. So kam es durch Überbevölkerung zur starken intraspezifischer Konkurrenz.
Vermutlich konnten sich die Finken durch zufällige, geografische Separation auf weitere Inseln des Galápagos-Archipels ansiedeln und dort neue ökologische Nischen besetzen.
Die geografische Isolation mehrerer Populationen sowie das Besetzen unterschiedlicher biologischer Nischen (Beispiel: verschiedene Nahrungsquellen) führten dazu, dass sich die Ursprungsart in mehrere Arten aufspaltete. Am Ende waren etwa 14 Finkenarten auf den Galapagos-Inseln entstanden. Man kann die unterschiedlichen Finkenarten anhand der verschiedenen Schnabelformen unterscheiden.
Der Name der Darwinfinken führt zurück zu Charles Darwin. Als junger Mann, damals als Zoologe tätig, bereiste er die Galápagos-Inseln und beschrieb eine Vielzahl der Arten, welche auf ihnen vertreten war.
Parapatrische Artbildung
Parapatrische Artbildung wird oft als Mittelweg zwischen allopatrischer und sympatrischer Artbildung gesehen. Während die Teilpopulationen bei der allopatrischen Artbildung räumlich voneinander getrennt sind, befinden sich die Teilpopulationen im Rahmen der sympatrischen Artbildung im selben Verbreitungsgebiet. Im Fall der parapatrischen Artbildung besiedeln die Teilpopulationen aneinander grenzende Areale (Verbreitungsgebiete).
Während ein Genfluss zwischen den Populationen zwar möglich ist, können dennoch abweichende Umweltbedingungen dazu führen, dass sich die Teilpopulationen divergent voneinander entwickeln und eine Aufspaltung in zwei neue Arten ist möglich.
Artbildung – Das Wichtigste
Artbildung Definition: Artbildung, auch Speziation, beschreibt die Aufspaltung einer Art in zwei oder mehrere Arten. Isolationsmechanismen sorgen für genetische Barrieren zwischen Populationen einer Art. Bei einer divergenten Entwicklung der isolierten Populationen, kann es zur Artaufspaltung und somit zur Artentstehung kommen.
Bei der Artbildung entstehen durch Isolation genetische Barrieren, die den Genfluss zwischen Populationen einer Art verhindern.
Bei einer Unterbrechung des Genflusses können Evolutionsfaktoren dazu führen, dass sich die Genpools der Teilpopulationen divergent entwickeln.
Bei stärker Abweichung zwischen den Genpools ist eine Fortpflanzung zwischen den Teilpopulationen nicht mehr möglich. Die Ursprungsart hat sich in neue Arten aufgespalten.
Artentstehungsmodelle:
Die allopatrische Artbildung beschreibt die Entstehung zwei neuer Arten durch Separation (geografische Isolation).
Bei der sympatrischen Artbildung kommt es zur Artbildung ohne Separation. Es entstehen neue Arten im gleichen Verbreitungsgebiet.
Bei der parapatrischen Artbildung entsteht eine neue Art aus Populationen, welche angrenzenden Verbreitungsgebiete besiedeln.
Nachweise
- Erdmann et. al (2013). Grüne Reihe: Evolution. Schroedel.
- Boenigk (2021). Boenigk Biologie. Springer.
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Häufig gestellte Fragen zum Thema Artbildung
Ist die adaptive Radiation eine sympatrische Artbildung?
Die adaptive Radiation ist ein Prozess bei den Mechanismen der allopatrischer und der sympatrischer Artbildung wirken.
Wie kommt es zur Artbildung?
Neue Arten können entstehen, wenn der Genfluss zwischen Populationen der gleichen Art gestoppt wird. Wenn entsprechende Populationen genetisch voneinander isoliert sind, kann eine divergente entwicklung der Genpools dazu führen, dass sich die Art in neue Arten aufspaltet.
Wie kommt es zur sympatrischen Artbildung?
Die sympatrische Artbildung steht der allopatrischen Artbildung gegenüber. Sie beschreibt die Entstehung neuer Arten innerhalb eines gemeinsamen Verbreitungsgebiets. Bei der sympatrischen Artbildung werden die Arten durch verschiedene reproduktive Isolationsmechanismen getrennt.
Welche Arten der Artbildung gibt es?
Man unterscheidet zwischen der allopatrischen, der sympatrischen und der parapatrischen Artbildung
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