SmartMINT Interview mit Ursula Maria Mayer

Im #SmartMINT Interview mit dem StudySmarter Magazine erzählt Ursula Maria Mayer, CEO und Gründerin der Sciform GmbH, warum sich mehr Frauen trotz aller Herausforderungen für MINT Fächer entscheiden sollten. Unter anderem teilt sie ihre Beweggründe für die Entscheidung einem MINT Studium nachzugehen mit euch und erklärt welche wichtige Bedeutung Mentoringprogramme für Studentinnen haben können.

SmartMINT Interview mit Ursula Meyer StudySmarter

Ursula Maria Mayer im #SmartMINT Interview

Interview mit Frau Mayer vom 09.04.2021

 

Warum haben Sie sich für ein MINT-Studium entschieden?

Die Entscheidung war nicht ganz geradlinig bei mir. Ich bin grundsätzlich ein sehr interdisziplinärer Mensch und ich interessiere mich für viele Gebiete. Neben der Technik und den Naturwissenschaften begeistere ich mich auch für Kunst und Philosophie.

In der Schule habe ich recht früh meine analytische Begabung erkannt, wobei natürlich auch Mathematik und Physik zu meinen Stärken gehörten. In den letzten 2 Abiturjahren habe ich mir aber die Freiheit genommen, mich fast ausschliesslich auf Philosophie, Altgriechisch und Latein zu konzentrieren.

Während meines Bauingenieurstudiums an der ETH Zürich habe ich dann schnell gemerkt, dass mein Interesse vor allem im Bereich der Computersimulation liegt. Computersimulationen kann man zwar auch im Bau- und Umweltingenieurbereich anwenden, so wie ich das auch in meiner ersten Firma dann getan habe – ich wollte aber meine Kenntnisse in der Angewandten Mathematik und im Bereich des High Performance Computing / Big Data noch weiterentwickeln und habe einen weiteren Masterstudiengang in Computational Science and Engineering (CSE) an der Technischen Universität München absolviert.

Dieser interdisziplinäre Studiengang ermöglicht eine sehr individuelle Zusammenstellung an Fächern aus der Mathematik, Informatik, Physik und den Ingenieurbereichen. Ich habe dadurch hervorragende Grundlagen für meine weitere Karriere im Bereich der Numerischen Simulation und der Künstlichen Intelligenz erhalten.

Auch meine philosophischen Kenntnisse helfen mir heute, wenn ich Firmen in Bezug auf eine ethische Umsetzung von Künstlicher Intelligenz berate.

Es war und ist mir immer noch sehr wichtig, ein tiefes interdisziplinäres Verständnis der Bereiche zu haben, mit denen ich arbeite und damit zu einer sinnvolle Anwendung beizutragen.

 

Warum sollten sich Frauen für MINT-Studiengänge entscheiden?

Technik und Naturwissenschaften sind sehr spannende und kreative Gebiete, die derzeit die Welt stark bewegen. Bei vielen wichtigen gesellschaftlichen Themen spielt Technologie eine grosse Rolle, wie z.B. der Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf die Gesellschaft aber auch beim Klimawandel. Je nachdem wie Technologien in diesem Zusammenhang einsetzt werden, kann das schädlich aber auch förderlich für die Gesellschaft und unsere Umwelt sein. Ich finde es aus Diversitäts-Gründen sehr wichtig, dass auch Frauen dabei sind und diese Bereiche, die unsere gesamte Gesellschaft gerade stark verändert, mitgestalten. Und nicht nur Frauen, sondern möglichst viele verschiedene Gruppen in der Gesellschaft sollten diesen Prozess mitgestalten und ihre Ideen einbringen, sonst wird es am Ende eine sehr kleine Gruppe sein, die bestimmt, wie wir in den nächsten Jahrzehnten leben.

 

Wer oder was hat den größten Einfluss auf Ihre Karriere gehabt?

Mein Gespür für mich und eine gewisse Hartnäckigkeit. Es gibt keine bestimmte Person oder Sache, die mich in meiner Karriere stark beeinflusst hat – es waren eher viele einzelne Personen, die mich an bestimmten Punkten unterstützt haben.

Es haben sich oft auch unerwartet Möglichkeiten aufgetan, die ich für mich wahrnehmen konnte. Ich war mir schon als Kind sehr bewusst, was ich machen möchte und habe das auch oft umsetzen können – auch wenn es eher ungewöhnlich war. Schon als Teenager habe ich z.B. Sportarten wie Mountainbiking oder Klettern betrieben, obwohl ich oft die einzige Frau war.

Ich denke, man muss nicht unbedingt ein konkretes Vorbild haben, wir können auch selbst spüren und überlegen, was wir im Leben machen möchten, wozu wir beitragen möchten und welche Möglichkeiten es gibt, das umzusetzen. Natürlich ist es hilfreich, wenn wir dabei auf die Unterstützung anderer Menschen zählen können. Gerade für Frauen ist es auch wichtig, zu sehen, dass andere Frauen ihren Interessen folgen und diese auch beruflich leben können.

 

Welche Stereotypen können Sie mit Ihrer Erfahrung widerlegen?

Zu den Stereotypen, die ich durch meine Erfahrung widerlegen kann, gehört sicherlich, dass Frauen in technischen Berufen nicht gut genug sind oder dass sie keine Unternehmen im technischen Bereich gründen können.

Ich habe zwei Tech-Unternehmen gegründet und zahlreiche namhafte Unternehmen beraten bzw. für renommierte Forschungsinstitute gearbeitet. Viele meiner technischen Lösungen im Bereich der Numerischen Simulation und der künstlichen Intelligenz sind mit Preisen ausgezeichnet worden.

 

Was war für Sie die größte Herausforderung?

Als Unternehmerin kommt mir jetzt gerade keine „spezielle grösste“ Herausforderung in den Sinn. Man hat natürlich immer kleine Herausforderungen – in den dynamischen Zeiten, in denen wir leben, ist es besonders wichtig, das Unternehmen immer auch entsprechend neu auszurichten und weiterzuentwickeln. Das macht mir allerdings auch viel Spass, da ich so meine vielseitigen Interessen sehr gut einbringen kann.

 

Was kann in Deutschland getan werden, um die Studiengänge vielfältiger zu machen?

Ich denke, wir müssten bereits viel früher in der Schule anfangen, da die meisten Menschen ihre Studienfächer schon im Teenageralter entscheiden. Dazu kommt natürlich auch die gesellschaftliche Situation, die wir ja auch unterbewusst als Kinder lernen. Die Rollenverteilung ist hier sicher noch ein grosses Problem, denn technische und naturwissenschaftliche Studiengänge und Berufe werden immer noch als „nicht weiblich“ angesehen. Ich halte es hier für sehr wichtig, den Fokus von dieser starren Rollenverteilung weg auf unsere individuellen Fähigkeiten zu richten, so dass alle  – speziell auch Frauen – ihre Interessen und Fähigkeiten ausbilden und in ihrem Berufsleben einbringen können. Ich denke, das würde unsere Gesellschaft sehr bereichern.

 

Welchen Rat würden Sie Studentinnen geben?

Wenn sie sich für ein MINT-Studium begeistern, dann würde ich ihnen definitiv raten diesem Interesse zu folgen und – was ich auch bereits viel früher hätte tun sollen – einen oder mehrere Mentor(en) zu suchen. Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Mentoren ist für mich sehr wichtig geworden. Das müssen nicht notwendigerweise teure professionelle Coaches sein, wobei es natürlich manchmal von Vorteil ist, wenn die Mentoren einen bestimmten beruflichen Hintergrund haben – es können auch Familienmitglieder oder Freunde sein, bzw. gibt es ja auch immer mehr Mentoringprogramme für Studentinnen. Wichtig ist vor allem, dass man mit dem Mentor seine Ideen durchsprechen kann, der Mentor gut zuhören kann, neue kreative Möglichkeiten und Wege aufzeigen kann, weitere Perspektiven einbringen kann und bei der Umsetzung der Ideen unterstützt.